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Technische Frage - Aufbau von Wirbelstrombremsen in Fahrgeschäften

Ireeb

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Hi allerseits,

erstmal hoffe ich, dass ich hier mit der Frage richtig bin.
Ich habe darüber nachgedacht, einen Miniatur-Freifallturm zu bauen, so im bereich 40-50 cm. Ich habe nämlich Zugang zu einem 3D-Drucker und einem Lasercutter, und irgendwas cooles will ich damit mal machen :D
Wie bei einem echten Freifallturm will ich natürlich auch Wirbelstrombremsen einsetzen. Deren Aufbau ist ja eigentlich nicht sehr kompliziert: Ein leitfähiges Metallschwert fährt zwischen Magneten hindurch. Als ich gerade mal nach Magneten geschaut habe, die ich einsetzen könnte, kam mir aber eine Frage auf:
Welche Anordnung der Magnete ist optimal bzw. wie wird es bei echten Fahrgeschäften verbaut?
wsb.png

Ich habe mal eine schnelle Skizze gemacht, von den zwei Möglichkeiten, die ich für am sinnvollsten hielt. In diesem Beispiel wird das Bremsschwert natürlich entweder senkrecht nach oben oder unten bewegt.
Ich dachte, vielleicht hat sich jemand hier etwas mehr damit beschäftigt oder hatte mal damit zu tun, wie genau die Wirbelstrombremsen in Achterbahnen und Freefall-Türmen aufgebaut sind.
Also, die Frage ausformuliert: Ist die Bremswirkung einer Wirbelstrombremse bei gleicher Magnet-Größe stärker, wenn die Feldlinien parallel oder wenn sie orthogonal zum Bremsschwert bzw. dessen Bewegungsrichtung sind?
Über Tipps und Hinweise würde ich mich sehr freuen!
Vielen Dank im Vorraus!
 

cstrfrk

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Du musst bedenken, dass die Feldlinien von Magneten sich immer überlagern, sprich so einzeln wie in deiner Skizze bilden sie sich nicht aus.

Du willst aber, dass die Feldlinien senkrecht durch das Metallschwert verlaufen, das ist mit der oberen rechten Konfiguration deutlich einfacher zu erreichen. (Das sind zwei verschiedene Skizzen...)

Die Funktionsweise ist ja die, dass ein veränderliches magnetisches Feld ein veränderliches elektrisches Feld induziert, und dadurch im Bremsschwert ein Stromfluss zustande kommt. Deswegen sind die Magnete mit abwechselnder Polarität angeordnet, aber so, dass die Feldlinien orthogonal durch das Schwert laufen.

Prinzipiell kann man die Bremswirkung mit einem Halbach Array übrigens nochmal verstärken (einfach mal googeln :))

EDIT: Ich bin wirklich nicht gut in Magnetostatik, aber ich habe mal versucht, eine kleine Skizze zu zeichnen. Bitte korrigiert mich, wenn ich falsch liege!

975408F2-D9C5-430F-A267-FD825EDA9E3E.jpg


In der oberen Konfiguration siehst du das, was du haben willst, ein veränderliches Feld, wenn du jeweils einen Punkt im Schwert betrachtest. Wichtig: Die Feldlinien stehen quer zum Schwert.

In der unteren Konfiguration hast du zwar Fluss zwischen den Magneten, allerdings sind die Feldlinien da, wo sie das Schwert durchschneiden, entgegengesetzt, sie werden sich da zumindest teilweise aufheben.


Idealer Weise würde man den Fluss auch noch mit einem Joch „außenrum“ leiten, das erhöht den Fluss durch den Luftspalt, in das das Schwert eintaucht. Ich denke aber mal, für die kleine Anwendung sollten einfache Magnete absolut ausreichen.

Wichtig ist übrigens auch, dass du zwar einen elektrischen Leiter, aber kein ferromagnetisches Material verwendest.
 
Zuletzt bearbeitet:

Ireeb

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Die Erklärung ist super, vielen Dank!
Ja die Skizze hab ich gestern Nacht wie gesagt ganz schnell gemacht, die Feldlinien sind nur angedeutet. Ist klar dass die in Wirklichkeit viel komplexer sind und sich zwischen den Magneten verändern.
Noch hab ich ja keine Magnete gekauft, ich könnte auch noch Würfelförmige Magnete kaufen und ein Halbach-Array bauen.
Da mein Großvater Flaschner ist und eine kleine Metallwerkstatt hat, ist es eigentlich relativ einfach für mich, an verschiedene Metallbleche ranzukommen. Dass nicht-ferromagnetische Metalle zum Einsatz kommen, ist mir bekannt. Ich hätte bisher an Aluminium gedacht. Wäre das geeignet?
Und noch zu den Magneten: Ich hätte jetzt aktuell an Würfelförmige Neodym-Magnete gedacht, vielleicht so 0,7cm³.
Ist sowas zu stark oder ist das angemessen? Ich kann weder einschätzen, wie stark die Bremswirkung ist, noch, wie schwer mein Wagen wird. Der Wagen an sich wird vermutlich komplett 3D-Gedruckt und damit nicht sehr schwer, bis auf die (Miniatur) Kugellager als Laufrollen.
Ich hatte die Idee, den Turm mit einem Sechseckigen Querschnitt zu entwerfen. Auf 3 der Seiten (also jeder zweiten, im 120° Winkel) laufen die Räder, auf den anderen 3 die Bremsen. Ich könnte dann z.B. an den Wagen 3 Bremsen mit jeweils 2x5 Magneten im Halbach-Array verbauen.
Nochmal danke für die ausführliche Antwort!
 

Marco1887

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Wenn du das System noch verfeinern möchtest, kannst du die Konfigurationen auch erst mal in der Horizontalen bauen, darauf legst du eine dünne Holzplatte, verteilst Metallspähne oder Metallstaub darauf. Anschließend kannst du einen Metallstift duch die Magnete ziehen und anhand der Metallspähne beobachten, wie sich die Feldlinien verändern.
An sonsten erscheint mir die obere Lösung von cstrfrk die effektivste zu sein.

Edit:
Wenn ich das Prinzip mit den wechselnden Polaritäten richtig verstanden habe, dann sollte dein Bremschwert der Gondel nicht länger sein, als zwei deiner Bremsmagnete. zusammen, damit sich das Schwert währen der Duchfahrt umpolen kann und von den Magneten angezogen wird.
 

cstrfrk

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Tendenziell geht‘s auch beim Halbach array nur darum, möglichst viel Fluss dahin zu lenken, wo ich ihn haben will, nämlich im Luftspalt.
Deswegen sind die Magnete in Realität auf einem Joch angeordnet, das aus Weichmetall besteht. Ziel ist‘s halt immer die Effizienz zu steigern, einfach weil man eine große Flussdichte benötigt, starke Magneten aber teuer sind.

Für so eine kleine Anwendung wird‘s wahrscheinlich ohne Halbach und ohne Joch gehen, einfach die Magnete so anordnen wie oben gezeigt.

Prinzipiell kann man die Bremswirkung auch einschätzen, das ist aber extrem umfangreich. Das ist von vielen Sachen abhängig, darunter die Leitfähigkeit, Stärke des Magneten, Anordnung, Abstand (Luftspalt)... Und, und das ist das spannende: Auch von der Geschwindigket. Die Kraft ist nicht konstant!

Ich würde sagen, dass das zu berechnen aber definitiv zu weit führt. Besser hier: einfach mal ausprobieren. Über den Abstand der Magnete kannst du schon viel verändern.
Bedenke auch, dass du ja im Modellmaßstab baust - damit das „ansprechend“ aussieht brauchst du ganz andere Bremskräfte...
 

Ireeb

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Je schneller die Magnetfeldänderung, desto stärker die Induktion, desto stärker das Gegen-Magnetfeld. Soweit habe ich im Physikunterricht schon noch aufgepasst :D Tatsächlich hatte ich mal eine kleine mündliche Prüfung, als Thema hab ich LSMs und Wirbelstrombremsen (Natürlich am Anwendungsbeispiel Achterbahn, schön mit Onride-Video von Blue Fire als Intro ;)) ausgesucht. Allerdings eher qualitativ als quantitativ.
Was spricht denn gegen das Halbach-Array? So wie ich das verstanden habe, würde ich doch einen großen Teil des Magnet-Flusses verschwenden, wenn ich sie nur abwechselnd anordne, während beim Halbach-Array den Fluss gezielter in den Luftspalt lenken könnte. Wierum ich die Magnete verbaue ist ja weder ein Unterschied in Aufwand noch in Kosten.
Zeichenfläche 1.png

Das wäre eine Maßstabsgetreue Skizze, wie die Bremse aussehen könnte. Das Blaue wäre ein 3D-gedrucktes Gehäuse mit einer Wandstärke von 0,8 mm am Luftspalt.
Ich denke, es wäre besser, wenn die Bremse erstmal zu stark wäre als zu schwach, wie du gesagt hast, kann ich ja immer noch den Spalt größer machen, oder auch das Bremsschwert weniger tief einführen.
Bei echten Freifalltürmen kommen ja meist mehrere Bremsschwerter, die nach unten hin versetzt sind zum Einsatz, damit die Bremsung langsam einsetzt (außer man heißt Pax und lässt die Gondel einfach in die Bremsen reinknallen :D). Das könnte ich in meinem Fall ja einfach herbeiführen indem ich das Bremsschwert nach oben hin kürzer werden lasse.
 

cstrfrk

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Was spricht denn gegen das Halbach-Array?

Die Tatsache dass ich wirklich nicht gut bin auf dem Gebiet und dir nicht versprechen wollte, dass das auch funktioniert, wenn man die "gegenüber" anordnet :D

Habe mal gegoogelt und dieses Bild hier gefunden:

Cap1.jpg


Scheint also zu funktionieren!

Ob jetzt allerdings die eine oder die andere deiner Konfigurationen besser funktioniert kann ich absolut nicht einschätzen.
Bei der Halbach-Variante hast du halt mehr Fluss, aber dafür eine geringere "Frequenz", bei der anderen ist's genau andersrum.

Wenn du es ja eh so aufbaust, könntest du das ja einfach mal ausprobieren :)
 

Ireeb

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Wenn ich das Prinzip mit den wechselnden Polaritäten richtig verstanden habe, dann sollte dein Bremschwert der Gondel nicht länger sein, als zwei deiner Bremsmagnete. zusammen, damit sich das Schwert währen der Duchfahrt umpolen kann und von den Magneten angezogen wird.
Ich bin bisher davon ausgegangen, dass die Länge der Bremsschwerter egal ist. Ich dachte das Magnetfeld entsteht eben an der Stelle, an der der Wirbelstrom induziert wird. Bei ICEs gibt es doch auch Wirbelstrombremsen, die direkt mit den Gleisen interagieren. https://de.wikipedia.org/wiki/Wirbelstrombremse#/media/File:Wirbelstrombremse_aktiv.jpg

Ich werde einfach mal ein Gehäuse drucken, und die verschiedenen Konfigurationen testen. Ich denke "ein Alublech durchziehen und gucken wie stark es bremst" ist in diesem Fall präzise genug. In der Sekunde in der ich das hier schreibe hat mir mein Vater ein paar Alublech-Streifen auf den Schreibtisch gelegt :D
Ein Gehäuse zum testen habe ich zwischenzeitlich designt:
Proto-Wirbelstrombremse v2.png

Morgen kann ich es wahrscheinlich drucken. Die Magnete muss ich allerdings noch bestellen.
Auf jeden Fall danke für die Tipps ^^
 

cstrfrk

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Edit:
Wenn ich das Prinzip mit den wechselnden Polaritäten richtig verstanden habe, dann sollte dein Bremschwert der Gondel nicht länger sein, als zwei deiner Bremsmagnete. zusammen, damit sich das Schwert währen der Duchfahrt umpolen kann und von den Magneten angezogen wird.
Das ist nicht richtig.

Das veränderliche magnetische Feld induziert einen Strom (und ja, ich weiß, dass nur Spannungen induziert werden, aber die führen zu einem Strom in diesem Fall) im Bremsschwert. Dabei bewegen sich die Elektronen kreisförmig um den Vektor des magnetischen Flusses. Daher hat die Bremse auch ihren Namen, diese Ströme sind eben Wirbelströme. Bewegte Ladungsträger bilden aber eben wieder ein magnetische Feld aus, und das ist, nach der Lenz'schen Regel, dem Verursacher entgegengerichtet.
Diese Wirbelströme entstehen überall da, wo sich Magnetfelder verändern, das kann mal gewollt und mal ungewollt sein.

Siehe auch folgendes Bild:
Eddy_currents_de.png

(Quelle: Wikipedia)



Der Mechanismus dahinter ist aber nicht einfach "Magnete die sich anziehen" - irgendwo muss die Energie umgesetzt werden. Und das passiert hier ganz einfach im Bremsschwert selbst, in einem Ohm'schen Verbraucher bewirkt ein Strom immer eine Erwärmung, da er einen Widerstand hat. Die Bewegungsenergie des Zuges wird also in Wärmeenergie im Bremsschwert umgesetzt.
Wenn man die mal betrachtet, sieht man auch oft "Schlieren" darüber, weil die eben so heiß werden.



Als kleines "Schmankerl" zum Schluss mal zwei Close-Ups (Quelle: Ich).

Hier sieht man mal das Bremsschwert einer Wirbelstrombremse von Nahem (der findige Freizeitparkbesucher enttarnt die Bahn natürlich sofort :))

P1020009.jpg



Und hier dann mal die dazugehörigen Magnete:

P1020011.jpg


Klar, man sieht sie nicht direkt, aber über die Zeit haben ein paar Metallspäne sichtbar gemacht, wo die sitzen. Ich meine es gibt auch Hersteller, die die teilweise sogar entsprechend einfärben, aber mir fällt grad nicht ein, wo das so ist.

Da erkennt man mal ganz gut die Größenordnungen. Ist natürlich nicht überall gleich.

Es gibt übrigens glaub ich sogar Modelle, die den Luftspalt über eine Mechanik verändern können!
 
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