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Deutsch-Amerikansiches-Volksfest Berlin leider abgesagt

Maccoaster

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Halli-Hallo,

es wurde schon lange gemunkelt, nun ist es aber leider offiziell: eine weitere Tradition stirbt...


Bericht aus der Berliner Morgenpost: Warum das Deutsch-Amerikanische Volksfest zu Berlin gehört - Berlin - Aktuelle Nachrichten - Berliner Morgenpost
Von Paulina Czienskowski


Das Deutsch-Amerikanische Volksfest ist abgesagt. Unserer Autorin hat es viel bedeutet - sie ist wie viele Berliner damit aufgewachsen.




Blinkende Lichter, Schwaden von Bratwurst und Zuckerwatte in der Luft, Schreie von der Achterbahn. Das bedeutet Kirmes, Jahrmarkt, Volksfest. Ziemlich trashig ist das meistens. Laut, bunt und immer irgendwie überzogen. Die Kuscheltiere, die man gewinnen kann, sind so groß wie man selbst. Die extra laute Chartmusik toppt nur der Fahrtenmeister mit seinen Rufen: "Uuund noch eine Rundeee!" Das irrsinnige Angebot an Essen ist eine einzige Attacke auf den Magen und die Sinne.
Genau das macht ihn aus, den Reiz solcher Feste. Losgelöst vom geregelten Alltag, gelten dort andere Gesetze: Maßlosigkeit, Unvernunft, Geschmacklosigkeit, Kontrollverlust. Alles etwas prollig und schlicht und gerade deshalb so unersetzbar. Insgesamt gibt es rund 9900 solcher Veranstaltungen in ganz Deutschland. Pro Jahr besuchen sie 140 Millionen Menschen.

Ein Fest für die Völkerverständigung

Hamburg hat den Dom, München das Oktoberfest und Berlin das Deutsch-Amerikanische Volksfest. Hatte, muss man nun allerdings sagen. Denn nach 55 Jahren wird es in diesem Jahr ersatzlos ausfallen. Es scheiterte an einem geeigneten Ort. Seit Jahren wird darum gerungen. Den Favoriten der Veranstalter, das Tempelhofer Feld, hatte der Senat mehrfach abgelehnt. Ob es für 2017 wieder gelingt, einen Standort zu finden, ist offen.
Schausteller Harry Wollenschlaeger hatte das Fest 1961 während des Kalten Krieges ins Leben gerufen. Sein Sohn Thilo-Harry muss dieser traditionsreichen Berliner Begegnungsstätte nun erstmal ein Ende setzen. Bis zuletzt hieß es: "Wir machen Freizeit zum Vergnügen." Vergnügen muss man sich in diesem August nun ohne die Fahrgeschäfte und Buden, die seit Jahrzehnten einmal im Jahr zur Stadt gehörten.
>>>Deutsch-Amerikanisches Volksfest fällt aus<<<
In den 60er-Jahren war aus politischer Sicht viel los. Sektorenteilung, Mauerbau, Nachwehen des Zweiten Weltkriegs. Da kam den Menschen so etwas wie das Volksfest gelegen. Mal ein paar Stunden unbeschwert sein und das zu erschwinglichen Preisen. Mit den Amerikanern gemeinsame Sache machen – das gefiel nicht jedem im geteilten Berlin. Die Presse der DDR zerriss dann auch Wollenschlaeger, erinnert sich sein Sohn heute. Mit seinem Fest wollte sein Vater mit Spaß zur Völkerverständigung beitragen.

Alles mischt sich - das ist demokratisch

Und das gelang. Das Besondere an solch einer Veranstaltung ist nämlich, dass sich alles mischt. Es ist gewissermaßen demokratisch. Nicht nur Gesellschaften und Nationalitäten stoßen aufeinander. Auch Erwachsene können kurz wieder zum Kind werden, Kinder noch kindlicher.
Wohl die längste Zeit in seiner Geschichte fand das Volksfest an der Clayallee statt. Wer in West-Berlin groß geworden ist, weiß das genau. Bis 2010 gab es da dieses Brachland und irgendwie schien es immer so, als wäre diese Freifläche extra dafür geschaffen worden. Irgendwann wurde sie, wie so vieles, dann doch bebaut. Wohnungen, Supermarkt, Fitnessstudio. Das Volksfest musste umziehen, zum Schluss an den Hauptbahnhof. Auch da wird nun gebaut.
Doch die Erinnerungen, die bleiben. Vor allem dann, wenn man damit aufgewachsen ist. Es sind die ersten Ausflüge alleine, ohne die Eltern, an die man dabei denkt. Sie wussten ja, wo man war. Schließlich war alles gleich geblieben seit ihrer eigenen Kindheit. Man konnte gebrannte Mandeln essen, so viel man wollte, und das spärliche Taschengeld verplempern. Meistens kam man mit seiner Clique und traf vor Ort auf andere. Ein Treffpunkt, für den man sich nicht mal verabreden brauchte. Es wurde gelästert, geflirtet, Freundschaft geschlossen. Je älter man wurde, umso wichtiger wurde es, zu sehen und gesehen zu werden.

Erste Dates in der "Wilden Maus"

Natürlich gab es auch erste Dates. In der "Wilden Maus" zum Beispiel. Nebenbei bemerkt, keine gute Idee. Vor allem nicht für einen jungen Mann, der vorher noch ein Bier getrunken hatte. Käseweiß musste er sich in eine Mülltonne übergeben nach der Fahrt – das wirkte natürlich nicht allzu männlich. Das mit dem Alkohol war ohnehin so eine Sache. Denn hier war das, zumindest indirekt, erlaubt. Heimlich, aber eben doch in der Öffentlichkeit konnte man in jungen Jahren die umstrittenen Alkopops trinken. Es gab immer einen Volljährigen, der etwas holte, wenn man ihm dafür etwas spendierte.

Aber das eigentlich Wichtige war: einander zu beeindrucken. Die Mädchen die Jungs mit ihrem Mut, drei Runden hintereinander "Breakdance" zu fahren. Die Jungs die Mädchen durch selbstgeschossene Plastikrosen. Peinlich wurde es für beide, wenn sie später mit knallblauem, überlebensgroßem Elefanten aus 100 Prozent Polyester in der U-Bahn saßen und damit verrieten, wo sie gerade waren. Denn komischerweise war alles nur auf dem Fest irgendwie legitim. Ansonsten hieß es: Was auf dem Volksfest passiert, das bleibt auf dem Volksfest.



Ich war sehr oft da und habe es immer auf dem Festplatz genossen. Schade, auf dem Tempelhofer Feld könnte man da echt eine tolle Veranstaltung draus machen. Aber nicht in Berlin...

Grüße, Lars
 

sven

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Ich war nur einmal auf dem alten Platz und (iirc) zweimal auf dem Platz am Hauptbahnhof. Ich fands bei allen Besuchen jetzt nicht sonderlich toll - der Eintritt fürs Gelände, die stolzen Fahrpreise, die Gastro-/USA-Ecke mit irgendeiner Art Ausstellung...

Berlin ist insgesamt etwas speziell was Volksfeste angeht, aber das ist ja nichts neues. Aber aufs Tempelhofer Feld wollen alle, dass da das x-te Volksfest der Saison nicht mal eben draufgelassen wird ist doch auch klar.

Der Vergleich mit Dom und Oktoberfest im Artikel ist etwas gewagt, das sind doch andere Dimensionen.
 

Minion

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Berlin will anscheinend immer unattraktiver für den "normalen" Menschen werden. Das sieht man nicht nur am Wegfallen solcher Feste, auch auf dem Wohnungsmarkt und bei den allgemeinen Lebenserhalt Kosten. Kaum jemand der normale Angestellten oder Arbeitern kann es auch noch erlauben in den Innerberliner Bezirken umzuziehen, wozu brauch mal also noch Unterhaltung fur den kleinen Mann. Was hier passiert ist eine Schande.
 
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