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Nigloland am 4. Juni 2017 - "Ich glaub, mein Navi spinnt!"

Johnny85

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Sie: „Kann das sein, dass das Navi spinnt?“
Er: „Wieso? In 3 Minuten sind wir am Park. Steht hier zumindest.“
Sie: „Schau Dich doch mal um! Wir fahren hier mitten durch die Pampa. Weit und breit nix in Sicht.“
Er: „Aber ich habe ‚Dolancourt‘ eingegeben. So heißt das Kaff, in dem der Park liegt. Ganz sicher!“
Sie: „Kann das nicht sein, dass es mehrere ‚Dolancourts‘ gibt? So wie mit Frankfurt Main und Frankfurt Oder?“
Er: „Oh’-oooooouuuh!“

So wie uns ist es bei der Anfahrt auf das Nigloland sicher schon weiteren Freizeitparkfreunden gegangen. Tatsächlich liegt der Park bemerkenswert abgelegen. Aus östlicher Richtung führt der Weg buchstäblich über Schotterpisten - durch eine Einöde, als würde gleich der Marlboro-Cowboy fürs nächste Plakatshooting um die Ecke geritten kommen.

Erst wenige hundert Meter vor dem Einlass: Entwarnung! Das erste Schild verheißt, dass wir richtig sind. Also doch keine fünfeinhalb vergebene Stunden Anfahrt aus dem Hessenland.

Erster Eindruck

Am Pfingstsonntag erwartete uns bereits eine Viertelstunde vor Öffnung ein gut gefüllter Parkplatz. Und gleich konnte der Park bei mir die ersten Punkte sammeln: Schon hier sind scheinbar profane Dinge wie Schilder und Laternen ansprechend gestaltet und heißen den Besucher willkommen. Die Mülltonnen erinnern in Form und Farbe verdächtig ans Disneyland - alles andere als eine schlechte Referenz.

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Parkgestaltung

Zwei Dinge prägen das Nigloland: imposante Natur und hübsch gestaltete Themenbereiche. Das findet man in dieser Kombination auch nicht so oft. Hätten der Europapark und das Fårup Sommerland ein gemeinsames Baby - so könnte es aussehen. Ins Auge springt vor allem das wunderschöne Alpendorf. Hier gibt’s gleich den nächsten Punkt für Liebe zum Detail: Das Personal ist hier stilecht in Tracht unterwegs.

Auch die weiteren Themenbereiche wissen zu gefallen: Da hätten wir ein Mini-Amerika im Stile der frühen 60er Jahre, eine kleine Mittelalterstadt und das Canadian Village - eine etwas farbenfrohere Version der bekannten Wildwest-Optik

Super, dass die Parkbetreiber auch an die passenden Soundtracks gedacht haben. So klingt’s in den Alpen nach „HoldriooooridiiiI“, in Amiland nach „A-Wop-Babaluba-a-wop-bäm-boom“. So soll’s sein!

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Die Attraktionen fügen sich zum Großteil schön in die einzelnen Themenwelten ein. Und die Auswahl ist größer, als wir anfangs vermutet haben.

Alpina Blitz: Mega Coaster, Mack Rides, 2014

Danke, Nigloland! Wirklich einfach mal vielen Dank! Das muss an dieser Stelle einfach mal gesagt werden. Endlich mal wieder macht eine neue, große Achterbahn den Eindruck, als wäre sie nicht von schlauen Marketing-Köpfen erdacht, sondern von Leuten, die einfach gute Coaster lieben. Kein Protzen mit Höherschnellerweiter, kein schnödes Inversionen-Zählen, keine „weltweit einmaligen Fahrtelemente“, keine teure Lizenz, kein Schnickschnack. Eine Bahn, die angenehm auf das Wesentliche reduziert ist, dennoch auf 719 Metern erstaunlich viel Abwechslung bietet - und natürlich Ejector-Airtime-Momente vom Allerfeinsten.

Wen kümmert es da schon, dass der Alpina Blitz ziemlich unverblümt von „Piraten“ im Djurs Sommerland inspiriert ist. Mir ist das allemal lieber als der drölfzigste Gerstlauer Eurofighter oder der nächste Dive Coaster, dessen Reiz sich ebenso schnell abnutzt. Meine Minderbegabung im Fotografieren verbirgt es ein wenig: Aber Alpina Blitz darüber hinaus auch überaus fotogen. Ein echtes Schmuckstück, das sich vielen Punkten aus hervorragend knipsen lässt. Die toll gestaltete Station und die hübschen (und überaus bequemen) Züge tun ihr Übriges.

Im Gesamtpaket eine wirklich perfekte Erweiterung des Parks, eine der europaweit besten Eröffnungen der vergangenen drei Jahre - und aus meiner Sicht die beste Achterbahn in ganz Frankreich!

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Bobsleigh: City Jet, Schwarzkopf, 1995

Auch der Klassiker von Schwarzkopf ist im Schweizer Themenbereich untergebracht und ist nicht minder charmant. Die Strecke ist geschickt in die Botanik eingebettet und von außen kaum einsehbar - direkt ins Auge springen jedoch der Spirallift und die ungewöhnliche Sitzposition. Ebenso wie der Alpina Blitz fetzt Bobsleigh wesentlich mehr, als er auf Grundlage seiner Daten eigentlich „dürfte“. Lediglich 12 Meter Höhe und 45 km/h Spitze lassen nicht erahnen, wie rasant es hier um die Baumwipfel und in die Schluchten eines künstlichen Berges geht.

Schwarzkopf-typisch hat der bereits 1973 erbaute Coaster, der zuvor die Kirmes-Besucher dieser Welt auf einen Ritt einlud, auch heute noch einen sehr angenehmen Lauf. Was nicht heißt, dass die schnellen Richtungswechsel den Passagier nicht ordentlich durchrütteln würden. Kurz ist er, wohl wahr, aber gerade Freizeitparkfreunde mit einem Herz für top gepflegte Rides mit leicht nostalgischen Reizen sollten Bobsleigh auf alle Fälle mitnehmen.

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Spatiale Expérience: Dark Coaster, Mack Rides, 2000

Vom Charmebolzen zum optischen Hinterbänkler. Im ansonsten liebevoll designten amerikanischen Themenbereich wirkt die schmucklose Wellblechhalle, die den Dark Coaster beherbergt, ein wenig deplatziert. Sie bildet damit sozusagen das genaue Gegenstück zu ihrer Schwesterbahn Eurosat, die nicht weniger als das Wahrzeichen im Europapark darstellt. Aber wie sagte schon Mika Häkkinnen: „Nur der Inhalt zählt“ ;)

Und der geht bei Spatiale Expérience voll in Ordnung! Hat man den (immerhin recht hübsch im Stile eines Weltraum-Reisebüros gestalteten) Eingang hinter sich gelassen, taucht man schnell in die Discolichter der futuristischen Station ein. Ebenso wie bei Eurosat befördert ein Trommellift (wie er außerhalb von Rust nur höchst selten anzutreffen ist) die Passagiere nach oben - begleitet von einer Soundkulisse mit grenzwertiger Lautstärke.

Die Fahrt selbst hat mit 800 Metern eine gute Länge. In der spärlich beleuchteten Halle kommen die Kurvenkombinationen überaus überraschend und kicken ordentlich. Dabei fährt sich der Coaster gefühlt etwas weniger rappelig als Eurosat, obendrein sind die Züge etwas bequemer. Spatiale Expérience macht Laune und ist definitiv einer der besseren Indoor-Coaster.

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…und da waren ja noch drei!

Eigentlich nicht meine Art, so weit in einen Park zu fahren und gerade mal die Hälfte der Achterbahnen anzutesten. An diesem sehr gut besuchten Tag war das ausnahmsweise der Fall - denn bei allen drei ausgelassenen Bahnen (ich spreche hier mal bewusst nicht von Counts, weil ich nicht der Meinung bin, dass Achterbahnfahren in einen sportlichen Wettkampf ausarten muss), schienen uns Wartezeit und erwarteter Fahrspaß in keinem vernünftigen Verhältnis zu stehen.

Da wäre mit "Chenille" ein Big Apple von Pinfari, der in diesem Jahr bereits sein 20-jähriges Jubiläum im Park feiert. Im kanadischen Bereich trifft man auf den Mack Powered Coaster "Gold Mine Train", der zum Großteil hinter den Bäumen verschwindet und mit einer ansprechenden Station glänzt. Die letzte Achterbahn hätte ich ja dann doch ganz gern mal ausprobiert: In so manchem Review hieß es ja bereits, der "Schlitt'Express" würde das Wilde-Maus-Konzept auf ein neues Level in Sachen Fahrkomfort heben. Vielleicht schaffe ich es ja beim nächsten Besuch, mich davon zu überzeugen…

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Le Donjon de l'extrême: Giro Drop Tower, Funtime, 2016

120 Meter. Damit sind die charakteristischen Eigenschaften eines Drop Tower bereits vollständig beschrieben. Ich könnte jetzt noch anführen, dass davon tatsächlich 100 Meter Netto-Fallstrecke sind - knapp 10 Meter mehr als beim Intamin-Pendant AtmosFear in Liseberg, und damit mehr als bei allen Freifalltürmen des gesamten Kontinents. Das ist schon eine Hausnummer!

Genauso könnte ich noch ergänzen, dass sich das Nigloland nicht hat nehmen lassen, die Rekordattraktion in eine schmucke Burgenlandschaft einzubetten - mittelalterlicher Ohrwurm-Soundtrack inklusive. Auch hier verlässt man sich also nicht auf bloße Zahlenprotzerei, sondern schafft eine anprechende Ride Experience. Chapeau!

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Grizzly: Disc’O Coaster, Zamperla, 2006

Von diesen Coaster/Flatride-Zwitterwesen gibt es ja mittlerweile so einige in Europa. Der Grizzly ist erwähnenswert, da er (zumindest meiner Kenntnis nach) die erste Anlage dieser Art in Europa war. Dabei ist er zugleich eine der schönsten: wie es hier mitten durchs satte Grün auf und ab geht, das hat schon was. Auch wenn notorische Counter hier ja bekanntlich trotz des Namens doch nix zum Abhaken haben: Der Ride macht wirklich Spaß!

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Air Meeting: Sky Fly, Gerstlauer, 2012

Und gleich die nächste Trend-Attraktion: Auch beim Gerstlauer Sky Fly war das Nigloland ganz vorn mit dabei, und so steht Air Meeting bereits seit 2012 im Park. Trotz der vielen Auslieferungen der letzten Jahre war es meine Premiere auf diesem interaktiven Hochfahrgeschäft. Und was soll ich sagen: dappiger als ich hätte man sich wohl nicht anstellen können. Nicht nur, dass ich keinen Überschlag gepackt hab - es hat sich mir bis zum Ende nicht einmal im Ansatz erschlossen, ob und wie das Neigen der Flügel überhaupt einen Einfluss auf die Flugbahn hat. Ich werde mal an einem ruhigen Tag im Holiday Park ein wenig üben… jetzt hat mich doch der sportliche Ehrgeiz gepackt!

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Riviére Canadienne: Log Fume, Mack Rides, 1989

Zwei Sachen bleiben bei diesem Log Fume hängen. Erstens: Der stimmungsvolle Folk-Soundtrack in der hübschen Station. Zweitens: Die Tatsache, dass die Rinne hier ordentlich mit Wasser befüllt ist, sodass es weniger unangenehmes Aufsetzen gibt als bei manch anderer Wasserbahn. Ansonsten ein eher hausbackener Vertreter seiner Zunft mit nur einem Drop und überschaubarem Nässegrad. Darf aber auch mal sein.

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Galleon: Zamperla, 1988

Mit der Piratenschiffschaukel ist auch mein erklärter Lieblings-Flatride-Typus im Park vertreten - das ganze in einer hübschen und technisch guten Version, die ordentlich hoch schwingt. Nur wäre ich nicht gern Ride-Operator bei dieser Attraktion: Das vergnügliche Schreikonzert ist in Frankreich noch um einiges ausgeprägter als bei Installationen in Deutschland. Übrigens scheint mir die individuelle Kreischlautstärke auch ein sicheres Indiz zu sein, um beim Windjammer im Europapark französische und deutsche bzw. schweizerdeutsche Besucher auseinanderzuhalten ;)

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Manoir Hanté: Dark Ride, Mack Rides, 1994

Zum ersten Mal habe ich mich über gutes Wetter in einem Freizeitpark geärgert: Denn der großartige Eingangsbereich samt Gargoyles und Nadelgehölz hätte bei diesigem Nebel (und weniger Besuchern) sicher eine noch bessere Figur gemacht. So oder so ist der erste Eindruck sehr verheißungsvoll. Die Fahrt an sich kann die Erwartungen nicht zu 100 Prozent erfüllen: Technisch auf zu geringem Niveau und gestalterisch nicht dicht genug, um wirklich für Atmosphäre zu sorgen - und auch nicht trashig genug, um mit leicht abgeranzten Retro-Charme zu überzeugen. Toll sind aber die frei gelagerten Gondeln, die für einen ziemlich unerwarteten Drehwurm sorgen können.

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Dinosaures Adventure: Walk Through, 2003

Mit dieser Anlage zeigt der Park, dass er es sehr wohl drauf hat mit Themenfahrten (oder in diesem Fall: -läufen). Zu Fuß geht es durch einen Parcour, auf dem den Abenteurer eine ordentliche Anzahl an anspruchsvollen Dino-Animatronics erwartet. Madame musste sich während des gesamten Aufenthalts meine Klugscheißereien zu den Urwesen anhören („Schau mal Schatz! Ein Triceratops! Erkennbar am charakteristischen Nackenschild!“) - ich auf alle Fälle hatte meinen Spaß!

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…und sonst so…?

Charakteristisch für das Nigloland ist die Vielzahl an perfekt in die Natur eingebetteten Rundfahrten - von der Parkeisenbahn über die Monza Piste, die Einschienenbahn, die Reitbahn bis hin zur die Traktor- und Oldtimerfahrt. Sogar ein Mississippi-Dampfer mit Animatronics von zweifelhafter politischer Korrektheit gehört zum Angebot. Und das Riesendrad bietet die Möglichkeit, sich noch einmal von oben aus zu versichern: Jawoll, der Park liegt mal richtig am Allerwertesten der Welt… :)

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Fazit

Bei kaum einem anderen Park in Europa klaffen Wahrnehmung und Wirklichkeit so weit auseinander. Das Nigloland ist nicht mehr das kleine, versteckte Familienidyll, die unentdeckte Perle im Nirgendwo. Zählt man nur „klassische“ Freizeiparks mit Fahrgeschäften, so liegt das Nigloland (einigen Quellen zufolge) bei der Besucherfrequenz bereits auf Rang 3 in Frankreich - direkt hinter den Branchengrößen DLPR und Parc Astérix.

Es braucht „Balls of Steel“, um einen Freizeitpark in dieser Lage zu eröffnen: In einem dünn besiedelten Gebiet, rund 150 Kilometer von der nächsten Großstadt entfernt - dazu konkurriert der Park sowohl mit dem Disneyland im Westen und dem Europapark im Osten.

Dennoch zählt das Nigloland zu den am schnellsten wachsenden Parks des Kontinents. Das ist vor allem auf die geschickten Investitionen der letzten Jahre zurückzuführen - aber sicher auch auf die Liebe zur Sache, die hier an allen Ecken und Enden spürbar wird.

Wenn es überhaupt etwas zu kritisieren gibt, dann die nicht immer optimale Ausschilderung und die Wegführung mit einigen Sackgassen. Außerdem schade, dass die Shows für 2017 bei unserem Aufenthalt noch nicht liefen - etwas fragwürdig, warum man die besucherstarken Feiertage noch nicht mitgenommen hat und das Programm erst ab Juli startet.

Abgesehen davon präsentiert sich das Nigloland als bemerkenswert kompletter, naturnaher, toll thematisierte Park mit netten Angestellten, einer vernünftigen Gastronomie mit gutem Preisniveau (Flasche Wasser für 1 EUR - wenn das ma nix is!) und vor allem sehr guten Attraktionen in sämtlichen Sparten.

Jetzt noch eine gescheite Zufahrtstraße und alles ist gut :)
 

oliverd

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Park steht auch bei mir oben auf der Liste.
Da diese Saison die Letzte des Bob Coaster ist, tippe ich auf ne neue Bahn 2018 :)
 

Nite_Owl

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Vielen Dank für den unterhaltsamen Bericht aus einem Park, der hier im Forum viel zu selten auftaucht. Er steht bei mir mittlerweile ganz oben auf der Liste. Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr!
 

Mario M.

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Vielen Dank für den unterhaltsamen Bericht aus einem Park, der hier im Forum viel zu selten auftaucht. Er steht bei mir mittlerweile ganz oben auf der Liste. Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr!

Das sehe ich ähnlich. Ich denke auch schon länge über eine kleine Frakreichtour nach. Muss ich in den nächsten Jahren echt mal angehen :rolleyes:

Danke für die tollen Bilder sowie Beschreibungen :)
 
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