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„Liebling, ich habe den Freizeitpark geschrumpft“ - so könnte der Mitarbeiter der Besitzerfirma Grupo Aqualandia, der für die strategische Weiterentwicklung von Terra Mitica verantwortlich ist, seine Autobiographie nennen.
Im Zeitalter des Gigantismus in der europäischen Freizeitparkszene ist die Geschichte des Parks an der Costa Brava eine echte Kuriosität. Während viele Konkurrenten jedes Jahr mit spektakulären Erweiterungen protzen, entschied man sich bei Terra Mitica im Jahr 2013 zu einem gewagten Schritt: Ganze zweieinhalb Themenbereiche wurden vom Hauptpark abgetrennt und fortan separat als „Iberia Park“ betrieben. Zunächst nach dem Tivoli-Prinzip - das man sonst praktisch nur von innenstadtnahen Parks mit viel Laufpublikum kennt. Später wurde ein Eintrittspreis obligatorisch.
Bei meinem Besuch war der Iberia Park geschlossen - mittlerweile ist auch die Website down, was Schlimmes erahnen lässt. Darum konzentriert sich mein Bericht ganz auf Terra Mitica - denn trotz seiner leidvollen Historie mit Verkäufen und beinahe-Insolvenzen ist Park vor den Toren der Partystadt Benidorm ein echtes Schmuckstück!
Erster Eindruck und Thematisierung
Und da sind wir schon beim ersten „Wow“ des Tages. Gleich im Eingangsbereich wird klar: Als Terra Mitica gebaut wurde, wollte man klotzen, nicht kleckern. Das ist die höchste Ehre für einen Park-Designer - wenn der Besucher den Eindruck bekommt, die Gebäude stünden eigentlich schon immer so da. Alles, was man hier sieht, wirkt nicht wie Fassade, sondern wie monumentale Baukunst, und dieser Eindruck zieht sich im Grunde durch das gesamte Gelände hindurch. Die Nachbauten antiker Wunderwerke - vom Leuchtturm von Alexandria bis zum Kollosseum - verleihen Terra Mitica beinahe den Charme eines Freilichtmuseums. Hinzu kommt eine schöne Landschaftsgestaltung mit viel sattem Grün. Und dann: Diese Aussicht. Diese Aussicht. Diese Aussicht.
Extrapunkte sammelt Terra Mitica durch die konsequente Viersprachigkeit - und mit den Infos über viele der replizierten Bauwerke hat der Park sogar eine edukative Komponente.
Aber Terra Mitica lebt ja nicht nur von der Atmosphäre (die hier übrigens an vielen Stellen durch die passende, monumentale Musik unterstützt wird), sondern auch von den Rides. Hier also ein ausführlicher Überblick:
Leider Down: Magnus Colossus, Holzachterbahn, RCCA, 2000
Nach so viel Lobhudelei kommen wir gleich zu einem weiteren Nackenschlag für Terra Mitica: Denn als ob der Park nicht schon genug hätte verkraften müssen, steht er seit 2015 ohne Hauptattraktion da. Das hatte ich zwar bereits zuvor gewusst - trotzdem ist es eine Qual, wenn mir dieser optisch wunderschöne Woody von allen Ecken des Parks aus gut sichtbar ins Gesicht grinst, ohne dass ich ihn fahren darf. Nach allem was man hört, ist Magnus Collossus - vom gleichen Hersteller wie Bandit im Movie Park - nicht gerade ein Knochenschmeichler. Dennoch hätte ich mich liebend gerne auf den 1.150 Meter langen hölzernen Terrain Coaster gewagt. Leider erscheint die Zukunft der Bahn auch weiterhin ungewiss - denn nichts weist darauf hin, dass an Magnus Collossus aktuell in irgendeiner Weise gewerkelt wird. Wir drücken also die Daumen und hoffen, dass wir doch noch irgendwann einmal mit 92 km/h den Double-Dip-Drop runterbrettern dürfen.
Titánide, SLC, Vekoma, 2003
Ob im alten Griechenland oder im Wilden Westen: Ein SLC ist ein SLC ist ein SLC. Uns alte Hasen mögen die Rüttelkisten mittlerweile zur allen Körperöffnungen raushängen - Gelegenheitsparkbesucher haben in der Regel trotzdem Spaß an den Dingern. Titánde st glücklicherweise einer der etwas fahrbareren Kandidaten. Das Neusortieren sämtlicher Nackenwirbel bleibt einem aber auch hier nicht erspart. Schöne Idee: Der sonnengeschützte Chill-Out-Bereich für wartende Eltern und sonstige Angsthasen
Alucinakis, Family Coaster, Zamperla, 2000
Von der Stangenware zu einer echten Rarität: Alucinakis ist eine Hybrid-Achterbahn mit Stützen aus Holz und Schienen aus Stahl. Der Family Coaster von Zamperla gehört bereits seit Eröffnung des Parks zum Inventar. Mit 30 km/h spitze richtet sich die Alucinakis vor allem an die ganz jungen Besucher. Dabei geht es mit angenehmer Laufruhe durch das recht simple Layout, das leider keinerlei Highlights zu bieten hat.
Inferno, Ball ZacSpin, Intamin, 2007
Dafür geht es bei der neuesten Achterbahn in Terra Mitica umso heftiger zur Sache. Auch diesen Coastertyp findet man nicht allzu oft: Eine baugleiche Anlage steht im finnischen Linnanmäki, hinzu kommen noch zwei längere Ausführungen in Gröna Lund und Six Flags Magic Mountain. Wie fährt sich also diese für uns Kontinentalwesteuropäer exotisch anmutende Bahn? Ich muss sagen, es fetzt doch ordentlich. Natürlich mit 142 Metern Streckenlänge ein äußerst kurzes Vergnügen - dafür spendiert Inferno ein Out-of-Control-Feeling, wie man es sonst nur von extrem wilden Flatrides kennt. Dazu ist das Fahrerlebnis je nach Sitzposition sehr unterschiedlich - mindestens eine Vorwärts- und eine Rückwärtsfahrt sind also erste Bürgerpflicht!
La Furia de Triton, Spillwater, Intamin, 2000
Eines vorweg: Terra Mitica bietet viele Möglichkeiten, sich richtig schön nass zu machen. Das ist in der spanischen Gluthitze auch mehr als willkommen. Neben einigen Wasserfontänen und Nebelsprühern fehlen selbstverständlich auch die entsprechenden Attraktionen nicht. La Furia de Triton, ein Spillwater von Intamin, fällt dabei - neben seiner wunderschönen Gestaltung - vor allem durch den extremen Soak-Faktor auf. Wer gerne patschnass bis auf die Knochen wird, ist hier bestens aufgehoben.
Synkope, Frisbee XL, Huss, 2004
Wikipedia definiert eine Synkope als „plötzlich einsetzende, kurz andauernde Bewusstlosigkeit, die mit einem Verlust der Haltungskontrolle einhergeht“. Ganz so wild fühlt sich eine Fahrt auf der Huss Frisbee dann auch wieder nicht an, obwohl es sich hier um die recht seltene XL-Version mit Outward Seeting handelt. Die Dinger machen immer Spaß - der Blick von oben auf die Costa Brava potenziert das Vergnügen noch einmal. Da fällt es kaum ins Gewicht, dass der Ride durch seine quitetschorangene Optik wie ein Fremdkörper im Park wirkt. Für Besucher auf der Suche nach Adrenalin vielleicht die beste Attraktion in Terra Mitica.
Laberinto del Minotauro, Interactive Dark Ride, Sally Corp./ETF, 2000
Wer, beim Teutates, ist eigentich auf die Idee gekommen, hervorragend gestaltete Dark Rides mit Plastikknarren zu verhunzen? Laberinto del Minotauro ist sieht nicht nur von außer todschick aus, die Fahrt ist gespickt mit einer Vielzahl aufwendiger Animatronics, die Szenen aus der griechischen Mythologien darstellen. Statt jedoch meinen Blick über die Hydras, Nymphen, Drachen und Chimären schweifen zu lassen, ballere ich wie ein Bekloppter auf willkürlich an der Wand platzierte Lichtpunkte und ärgere mich über die zweifelhafte Hit Detection. Wenn man von diesem überflüssigen Beiwerk absieht - und seine Finger einfach mal vom Abzug fernhält - bekommt man mit Laberinto del Minotauro eine sehr schöne Themenfahrt geboten.
Und sonst so?
Aussichtsfahrten haben in diesem wunderschön gelegenen Park naturgemäß einen ganz besonderen Reiz. Da war es schon schade, dass der 2016 als neues Highlight vorgestellte, 80 Meter hohe Starflyer „Tornado“ ganztägig am Boden blieb. Dafür kann man im hübsch verpackte Intamin Free Fall Tower „El Vuelo de Fénix“ einen tollen Blick aufs Meer und die Skyline von Benidorm erhaschen - bevor es 54 Meter in die Tiefe geht. Der Mack Rides Log Fume „Cataratas del Nilo“ war noch ein ganzes Stück nasser als erwartet. Eine willkommene Abkühlung verspricht auch der lagunenartige Wasserspielplatz. Neben ein paar weiteren Flatrides springt vor allem das stimmig thematisierte Kettenkarussell „Los Ícaros“ ins Auge. Und wo wir schon bei Hinguckern sind: Der „Templo de Kinetos“ ist das von außen vielleicht am aufwendigsten gestaltete 5D-Kino der Welt.
Iiiiiiiit’s Showtime!
Terra Mitica bietet zwar eine insgesamt überschaubare Anzahl an Attraktionen. Was die Vielfalt der Shows anbelangt, kann der Park aber mit den ganz großen mithalten. Schließlich haben die römische, griechische und ägyptische Mythologie mehr als genug Steilvorlagen geliefert. Theoretisch kann man hier den ganzen Tag damit verbringen, von Spektakel zu Spektakel zu rennen.
Für mich hat es nur für die Vorführung der Spartacus-Saga gereicht, die draußen vor dem Kolosseum-Nachbau stattfand. Was soll ich sagen: Ich habe weder Russel Crowe noch Ralf Möller vermisst. Angenehm schnörkellos und ohne viele technische Hilfsmittel bietet „Espartaco“ Kampfkunst mit sehr guten Athleten, geschickter und unaufgesetzter Publikumsinteraktion und schlüssigem Storytelling, das sich mit ein paar Brocken Schulspanisch mühelos verfolgen lässt.
Fazit
Am liebsten würde man Terra Mitica drücken, ihm tröstend auf die Schulter klopfen und sagen: „Komm schon, das wird schon alles wieder“. Was der Park in seiner kurzen Geschichte an Rückschlägen - möglicherweise auch Betreiberfehlern - zu verkraften hatte ist schon nicht von schlechten Eltern. Schließlich musste man sich zu allem Überfluss erst vor wenigen Jahren von einem Gerichtsverfahren wegen eines tödlichen Unfalls erholen (und dem damit verbundenen Imageschaden). Dennoch kann man sich dem Charme des Parks schwer entziehen. Ich persönlich habe ohnehin ein Faible für monothematische Parks beziehungsweise solche, die bei der Gestaltung der Themenbereiche ein durchgängiges Konzept verfolgen. Und das ist mit dem Fokus auf Mythologie brutal gut gelungen.
All der Zauber kann jedoch eines nicht verhehlen: Betrachtet man nur die Attraktionen, so hat Terra Mitica den Anschluss an die großen Zampanos der Parkszene längst verloren. Erst recht mit einem seit Jahren geschlossenen Major Ride. Immerhin: an einem Werktag knapp außerhalb der Hauptsaison hat der Park einen durchaus lebendigen Eindruck gemacht. Die strategisch günstige Lage setzt ein weiteres Vorzeichen für eine baldige Erholung: Zum einen wimmelt es in Benidorm von Touristen - und der Park liegt im Einzugsgebiet zahlreicher Großstädte wie Alicante, Murcia und Elche, selbst Valencia ist nicht weit entfernt. Zum anderen stellt kein anderer Freizeitpark in einem weiten Umkreis eine ernstzunehmende Konkurrenz dar (klammern wir mal die zahlreichen Rutschenparadiese in der Region aus). Drücken wir also gemeinsam die Daumen, dass eine fulminante Wiedervereinigung mit dem abtrünnigen Iberia Park doch noch gelingt, dass die Hauptachterbahn Magnus Colossus vielleicht bald wieder über den Berg krachen kann - und dass der Park nicht nur weiterhin nass, sondern auch bald wieder finanziell liquide für weitere Investitionen wird. Mit anderen Worten: Weg mit der Schrumpfkur, her mit den Wachstumspillen!
Im Zeitalter des Gigantismus in der europäischen Freizeitparkszene ist die Geschichte des Parks an der Costa Brava eine echte Kuriosität. Während viele Konkurrenten jedes Jahr mit spektakulären Erweiterungen protzen, entschied man sich bei Terra Mitica im Jahr 2013 zu einem gewagten Schritt: Ganze zweieinhalb Themenbereiche wurden vom Hauptpark abgetrennt und fortan separat als „Iberia Park“ betrieben. Zunächst nach dem Tivoli-Prinzip - das man sonst praktisch nur von innenstadtnahen Parks mit viel Laufpublikum kennt. Später wurde ein Eintrittspreis obligatorisch.
Bei meinem Besuch war der Iberia Park geschlossen - mittlerweile ist auch die Website down, was Schlimmes erahnen lässt. Darum konzentriert sich mein Bericht ganz auf Terra Mitica - denn trotz seiner leidvollen Historie mit Verkäufen und beinahe-Insolvenzen ist Park vor den Toren der Partystadt Benidorm ein echtes Schmuckstück!
Erster Eindruck und Thematisierung
Und da sind wir schon beim ersten „Wow“ des Tages. Gleich im Eingangsbereich wird klar: Als Terra Mitica gebaut wurde, wollte man klotzen, nicht kleckern. Das ist die höchste Ehre für einen Park-Designer - wenn der Besucher den Eindruck bekommt, die Gebäude stünden eigentlich schon immer so da. Alles, was man hier sieht, wirkt nicht wie Fassade, sondern wie monumentale Baukunst, und dieser Eindruck zieht sich im Grunde durch das gesamte Gelände hindurch. Die Nachbauten antiker Wunderwerke - vom Leuchtturm von Alexandria bis zum Kollosseum - verleihen Terra Mitica beinahe den Charme eines Freilichtmuseums. Hinzu kommt eine schöne Landschaftsgestaltung mit viel sattem Grün. Und dann: Diese Aussicht. Diese Aussicht. Diese Aussicht.
Extrapunkte sammelt Terra Mitica durch die konsequente Viersprachigkeit - und mit den Infos über viele der replizierten Bauwerke hat der Park sogar eine edukative Komponente.
Aber Terra Mitica lebt ja nicht nur von der Atmosphäre (die hier übrigens an vielen Stellen durch die passende, monumentale Musik unterstützt wird), sondern auch von den Rides. Hier also ein ausführlicher Überblick:
Leider Down: Magnus Colossus, Holzachterbahn, RCCA, 2000
Nach so viel Lobhudelei kommen wir gleich zu einem weiteren Nackenschlag für Terra Mitica: Denn als ob der Park nicht schon genug hätte verkraften müssen, steht er seit 2015 ohne Hauptattraktion da. Das hatte ich zwar bereits zuvor gewusst - trotzdem ist es eine Qual, wenn mir dieser optisch wunderschöne Woody von allen Ecken des Parks aus gut sichtbar ins Gesicht grinst, ohne dass ich ihn fahren darf. Nach allem was man hört, ist Magnus Collossus - vom gleichen Hersteller wie Bandit im Movie Park - nicht gerade ein Knochenschmeichler. Dennoch hätte ich mich liebend gerne auf den 1.150 Meter langen hölzernen Terrain Coaster gewagt. Leider erscheint die Zukunft der Bahn auch weiterhin ungewiss - denn nichts weist darauf hin, dass an Magnus Collossus aktuell in irgendeiner Weise gewerkelt wird. Wir drücken also die Daumen und hoffen, dass wir doch noch irgendwann einmal mit 92 km/h den Double-Dip-Drop runterbrettern dürfen.
Titánide, SLC, Vekoma, 2003
Ob im alten Griechenland oder im Wilden Westen: Ein SLC ist ein SLC ist ein SLC. Uns alte Hasen mögen die Rüttelkisten mittlerweile zur allen Körperöffnungen raushängen - Gelegenheitsparkbesucher haben in der Regel trotzdem Spaß an den Dingern. Titánde st glücklicherweise einer der etwas fahrbareren Kandidaten. Das Neusortieren sämtlicher Nackenwirbel bleibt einem aber auch hier nicht erspart. Schöne Idee: Der sonnengeschützte Chill-Out-Bereich für wartende Eltern und sonstige Angsthasen
Alucinakis, Family Coaster, Zamperla, 2000
Von der Stangenware zu einer echten Rarität: Alucinakis ist eine Hybrid-Achterbahn mit Stützen aus Holz und Schienen aus Stahl. Der Family Coaster von Zamperla gehört bereits seit Eröffnung des Parks zum Inventar. Mit 30 km/h spitze richtet sich die Alucinakis vor allem an die ganz jungen Besucher. Dabei geht es mit angenehmer Laufruhe durch das recht simple Layout, das leider keinerlei Highlights zu bieten hat.
Inferno, Ball ZacSpin, Intamin, 2007
Dafür geht es bei der neuesten Achterbahn in Terra Mitica umso heftiger zur Sache. Auch diesen Coastertyp findet man nicht allzu oft: Eine baugleiche Anlage steht im finnischen Linnanmäki, hinzu kommen noch zwei längere Ausführungen in Gröna Lund und Six Flags Magic Mountain. Wie fährt sich also diese für uns Kontinentalwesteuropäer exotisch anmutende Bahn? Ich muss sagen, es fetzt doch ordentlich. Natürlich mit 142 Metern Streckenlänge ein äußerst kurzes Vergnügen - dafür spendiert Inferno ein Out-of-Control-Feeling, wie man es sonst nur von extrem wilden Flatrides kennt. Dazu ist das Fahrerlebnis je nach Sitzposition sehr unterschiedlich - mindestens eine Vorwärts- und eine Rückwärtsfahrt sind also erste Bürgerpflicht!
La Furia de Triton, Spillwater, Intamin, 2000
Eines vorweg: Terra Mitica bietet viele Möglichkeiten, sich richtig schön nass zu machen. Das ist in der spanischen Gluthitze auch mehr als willkommen. Neben einigen Wasserfontänen und Nebelsprühern fehlen selbstverständlich auch die entsprechenden Attraktionen nicht. La Furia de Triton, ein Spillwater von Intamin, fällt dabei - neben seiner wunderschönen Gestaltung - vor allem durch den extremen Soak-Faktor auf. Wer gerne patschnass bis auf die Knochen wird, ist hier bestens aufgehoben.
Synkope, Frisbee XL, Huss, 2004
Wikipedia definiert eine Synkope als „plötzlich einsetzende, kurz andauernde Bewusstlosigkeit, die mit einem Verlust der Haltungskontrolle einhergeht“. Ganz so wild fühlt sich eine Fahrt auf der Huss Frisbee dann auch wieder nicht an, obwohl es sich hier um die recht seltene XL-Version mit Outward Seeting handelt. Die Dinger machen immer Spaß - der Blick von oben auf die Costa Brava potenziert das Vergnügen noch einmal. Da fällt es kaum ins Gewicht, dass der Ride durch seine quitetschorangene Optik wie ein Fremdkörper im Park wirkt. Für Besucher auf der Suche nach Adrenalin vielleicht die beste Attraktion in Terra Mitica.
Laberinto del Minotauro, Interactive Dark Ride, Sally Corp./ETF, 2000
Wer, beim Teutates, ist eigentich auf die Idee gekommen, hervorragend gestaltete Dark Rides mit Plastikknarren zu verhunzen? Laberinto del Minotauro ist sieht nicht nur von außer todschick aus, die Fahrt ist gespickt mit einer Vielzahl aufwendiger Animatronics, die Szenen aus der griechischen Mythologien darstellen. Statt jedoch meinen Blick über die Hydras, Nymphen, Drachen und Chimären schweifen zu lassen, ballere ich wie ein Bekloppter auf willkürlich an der Wand platzierte Lichtpunkte und ärgere mich über die zweifelhafte Hit Detection. Wenn man von diesem überflüssigen Beiwerk absieht - und seine Finger einfach mal vom Abzug fernhält - bekommt man mit Laberinto del Minotauro eine sehr schöne Themenfahrt geboten.
Und sonst so?
Aussichtsfahrten haben in diesem wunderschön gelegenen Park naturgemäß einen ganz besonderen Reiz. Da war es schon schade, dass der 2016 als neues Highlight vorgestellte, 80 Meter hohe Starflyer „Tornado“ ganztägig am Boden blieb. Dafür kann man im hübsch verpackte Intamin Free Fall Tower „El Vuelo de Fénix“ einen tollen Blick aufs Meer und die Skyline von Benidorm erhaschen - bevor es 54 Meter in die Tiefe geht. Der Mack Rides Log Fume „Cataratas del Nilo“ war noch ein ganzes Stück nasser als erwartet. Eine willkommene Abkühlung verspricht auch der lagunenartige Wasserspielplatz. Neben ein paar weiteren Flatrides springt vor allem das stimmig thematisierte Kettenkarussell „Los Ícaros“ ins Auge. Und wo wir schon bei Hinguckern sind: Der „Templo de Kinetos“ ist das von außen vielleicht am aufwendigsten gestaltete 5D-Kino der Welt.
Iiiiiiiit’s Showtime!
Terra Mitica bietet zwar eine insgesamt überschaubare Anzahl an Attraktionen. Was die Vielfalt der Shows anbelangt, kann der Park aber mit den ganz großen mithalten. Schließlich haben die römische, griechische und ägyptische Mythologie mehr als genug Steilvorlagen geliefert. Theoretisch kann man hier den ganzen Tag damit verbringen, von Spektakel zu Spektakel zu rennen.
Für mich hat es nur für die Vorführung der Spartacus-Saga gereicht, die draußen vor dem Kolosseum-Nachbau stattfand. Was soll ich sagen: Ich habe weder Russel Crowe noch Ralf Möller vermisst. Angenehm schnörkellos und ohne viele technische Hilfsmittel bietet „Espartaco“ Kampfkunst mit sehr guten Athleten, geschickter und unaufgesetzter Publikumsinteraktion und schlüssigem Storytelling, das sich mit ein paar Brocken Schulspanisch mühelos verfolgen lässt.
Fazit
Am liebsten würde man Terra Mitica drücken, ihm tröstend auf die Schulter klopfen und sagen: „Komm schon, das wird schon alles wieder“. Was der Park in seiner kurzen Geschichte an Rückschlägen - möglicherweise auch Betreiberfehlern - zu verkraften hatte ist schon nicht von schlechten Eltern. Schließlich musste man sich zu allem Überfluss erst vor wenigen Jahren von einem Gerichtsverfahren wegen eines tödlichen Unfalls erholen (und dem damit verbundenen Imageschaden). Dennoch kann man sich dem Charme des Parks schwer entziehen. Ich persönlich habe ohnehin ein Faible für monothematische Parks beziehungsweise solche, die bei der Gestaltung der Themenbereiche ein durchgängiges Konzept verfolgen. Und das ist mit dem Fokus auf Mythologie brutal gut gelungen.
All der Zauber kann jedoch eines nicht verhehlen: Betrachtet man nur die Attraktionen, so hat Terra Mitica den Anschluss an die großen Zampanos der Parkszene längst verloren. Erst recht mit einem seit Jahren geschlossenen Major Ride. Immerhin: an einem Werktag knapp außerhalb der Hauptsaison hat der Park einen durchaus lebendigen Eindruck gemacht. Die strategisch günstige Lage setzt ein weiteres Vorzeichen für eine baldige Erholung: Zum einen wimmelt es in Benidorm von Touristen - und der Park liegt im Einzugsgebiet zahlreicher Großstädte wie Alicante, Murcia und Elche, selbst Valencia ist nicht weit entfernt. Zum anderen stellt kein anderer Freizeitpark in einem weiten Umkreis eine ernstzunehmende Konkurrenz dar (klammern wir mal die zahlreichen Rutschenparadiese in der Region aus). Drücken wir also gemeinsam die Daumen, dass eine fulminante Wiedervereinigung mit dem abtrünnigen Iberia Park doch noch gelingt, dass die Hauptachterbahn Magnus Colossus vielleicht bald wieder über den Berg krachen kann - und dass der Park nicht nur weiterhin nass, sondern auch bald wieder finanziell liquide für weitere Investitionen wird. Mit anderen Worten: Weg mit der Schrumpfkur, her mit den Wachstumspillen!
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